Infos zur Plenartagung

In dieser Plenarwoche in Straßburg wird das Europäische Parlament insbesondere zum brutalen Krieg gegen die Ukraine debattieren. Zudem stehen die Themen Künstliche Intelligenz, Bedrohungen für die Sicherheit von Journalisten und die Medienfreiheit sowie die Haushaltsentlastung 2020 auf der Tagesordnung.

Krieg gegen die Ukraine

Vor etwa 10 Wochen hat Russlands brutaler Überfall auf die Ukraine begonnen, der Europa und die Weltpolitik in Rekordzeit nachhaltig verändert hat. Der Krieg ist zurück in Europa. In vorher kaum vorstellbarer Einigkeit haben die EU und der Westen große Solidarität mit der Ukraine gezeigt, Millionen Flüchtlinge aufgenommen und gezielte Sanktionen gegen Putins verbrecherisches Regime ergriffen. Die Ukrainerinnen und Ukrainer verteidigen ihr Land heldenhaft. Deutschland und andere merken schmerzhaft, wie falsch die eigene Russlandpolitik in den letzten Jahren war. Zuletzt hat die russische Entscheidung, Polen und Bulgarien vom russischen Gas abzukoppeln, für eine weitere Eskalation zwischen der EU und Moskau gesorgt.

Die Auswirkungen dieses Kriegs werden uns noch lange beschäftigen. Kommende Woche debattieren wir u.a. mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi, der eine Einladung des Europäischen Parlaments zur Debatte angenommen hat. Dabei wird die Situation in der Ukraine im Mittelpunkt stehen und auch, inwieweit und wie lange Europa auf Gaslieferungen aus Russland angewiesen ist. Italien hat dabei ganz ähnliche Herausforderungen wie Deutschland. Es wäre wünschenswert, wenn sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz bald der Debatte im Europäischen Parlament stellen würde. Präsidentin Roberta Metsola hat den Bundeskanzler bereits eingeladen. Leider zeigt Scholz schon mit seinen Auftritten im Deutschen Bundestag, dass ihm an der Erklärung seiner Politik und der Debatte mit den Abgeordneten nur wenig gelegen ist.

Umso mehr begrüßen wir als CDU/CSU-Gruppe, dass auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel zu den sozioökonomischen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs im Parlament sprechen werden.

Künstliche Intelligenz

Europa muss bei der Festlegung globaler Standards für Künstliche Intelligenz (KI) führend werden. Wir müssen alles dafür tun, um den Anschluss an Wettbewerber wie die USA und China nicht zu verpassen. Dafür brauchen wir einen Rechtsrahmen, der hohe ethische Standards und angemessene Haftungsregeln umfasst. Gleichzeitig sollte dem Privatsektor genügend Flexibilität und Rechtssicherheit eingeräumt werden, um neue Geschäftsmodelle entwickeln zu können.

Ich habe in den letzten 18 Monaten als Berichterstatter des Sonderausschusses zu künstlicher Intelligenz im digitalen Zeitalter (AIDA) federführend den Bericht erarbeitet, der in dieser Woche zur Abstimmung steht. Künstliche Intelligenz ist die Schlüsseltechnologie der Zukunft. Im Bericht wird ein Fahrplan für KI vorgeschlagen – ein ganzheitlicher Ansatz für eine gemeinsame langfristige Position, mit dem die derzeitigen legislativen Bemühungen der EU in diesem Bereich fortgesetzt werden. Zudem werden die wichtigsten Werte, Ziele und Vorstellungen der EU in Bezug auf KI hervorgehoben.

Jeder Bereich unseres Lebens wird von dem technologischen Wandel betroffen sein. Die Konsequenzen für unsere Wettbewerbsfähigkeit, unseren Wohlstand und unsere Sicherheit sind dabei nicht zu unterschätzen. Doch darf uns das keine Angst einjagen – viel mehr sollte es uns Mut machen, denn dieser Wandel kann riesige Chancen zum Wohl der gesamten Gesellschaft bringen.

Der Erfolg europäischer Start-ups bei der Entwicklung von Produkten mit Künstlicher Intelligenz wird davon abhängen, ob Verbraucher Vertrauen in die Nutzung dieser Produkte haben. Wenn wir Künstliche Intelligenz europäisch prägen wollen, müssen wir unseren zivilrechtlichen Haftungsrahmen entsprechend anpassen. Die EU sollte einen menschenzentrierten, vertrauenswürdigen Ansatz zu KI, der auf unseren Werten basiert und gleichzeitig nicht überreguliert, verfolgen sowie global fördern.

Dafür müssen wir unsere gesetzgeberischen Prozesse beschleunigen und den Zugang zu Daten verbessern. Ziel muss es sein, den digitalen Binnenmarkt endlich vollständig zu harmonisieren. und eine nachhaltige digitale Infrastruktur mit schneller Konnektivität aufzubauen.

Bedrohungen für die Sicherheit von Journalisten und die Medienfreiheit

Die Freiheit der Medien zu verteidigen bedeutet, unsere Demokratie zu verteidigen. Ohne echte Medienfreiheit, ohne freie Presse, kann es keine Demokratie geben. Journalisten sind heute einem zunehmenden Druck ausgesetzt, der viele Formen annehmen kann. Es ist deshalb ein gutes Signal, dass die EU-Kommission endlich einen Legislativvorschlag für die Bekämpfung missbräuchlicher Gerichtsverfahren gegen Journalisten vorgelegt hat. Schließlich hat die Anzahl von Einschüchterungsklagen gegen Journalisten in den letzten Jahren deutlich zugenommen, auch grenzüberschreitend.

Unsere demokratischen Werte sind nicht verhandelbar. Unser Ziel muss es deshalb sein, europäische Grundprinzipien wie Pressefreiheit, Meinungsfreiheit und das Recht auf ein faires Verfahren zu stärken.

Während Staaten wie Norwegen, Finnland, Schweden und Dänemark bei der Gewährleistung einer freien Presse weltweit führend sind, erhalten Länder wie Malta, Ungarn und Bulgarien sehr schlechte Bewertungen. Polen ist im Pressefreiheits-Ranking auf den bisher niedrigsten Rang abgerutscht.

Diejenigen, die unsere Rechtssysteme missbrauchen, um Journalisten zum Schweigen zu bringen, müssen zur Verantwortung gezogen werden. Die CDU/CSU-Gruppe fordert empfindliche Strafen für Initiatoren solcher Klagen, Richter und Staatsanwälte müssen dementsprechend geschult werden. Medienfreiheit ist ein Grundrecht und eine Voraussetzung für eine funktionierende Demokratie überall in Europa.

Haushaltsentlastung 2020

Die demokratische Kontrolle des EU-Haushalts ist eine der Kernkompetenzen des Europäisches Parlaments. Jedes Jahr prüfen wir die Bücher der EU-Kommission und aller übrigen Organe der Europäischen Union, inklusive des Europäischen Parlaments selbst, und ob diese ihre Finanzmittel ordnungsgemäß behandeln. Im Großen und Ganzen haben die Kommission und die zahlreichen EU-Agenturen ihre Gelder 2020 verantwortungsvoll verwaltet und eingesetzt. Zunächst offene Fragen konnten im Verfahren ausgeräumt werden.

CDU und CSU werden bei 52 von 53 Einzelberichten der Haushaltsentlastung zustimmen. Nur bei einer EU-Agentur können wir die Entlastung zu diesem Zeitpunkt nicht erteilen: Die EU-Außengrenzschutzagentur Frontex, die eine immens wichtige Arbeit an den europäischen Außengrenzen macht, ist zuletzt mit verschiedenen fragwürdigen internen Vorgängen in die Schlagzeilen geraten. Zudem werden weiterhin Vorwürfe über sogenannte illegale „Pushbacks“ erhoben, die allerdings nicht direkt mit der Haushaltsentlastung in Verbindung stehen. Leider hat es Frontex bislang nicht vermocht, die für die Entlastung relevanten Vorwürfe zu unserer Zufriedenheit zu entkräften. Das Europäische Parlament wird deshalb für eine Verschiebung der Haushaltsentlastung auf den Herbst 2022 stimmen. Wir setzen darauf, dass Frontex bis dahin die bestehenden Kritikpunkte angehen wird und die Entlastung dann im Herbst erteilt werden kann.