Diese Woche wird die Tagesordnung im Plenum des Europäischen Parlaments in Straßburg stark von den aktuellen Entwicklungen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine geprägt sein. Folgende Debatten sind u.a. angesetzt: Situation der Flüchtlinge nach der russischen Aggression, ausländische Einflussnahme und Desinformation und „goldene Visa und goldene Pässe“.
Situation der Flüchtlinge nach der russischen Aggression
Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist erschütternd, macht fassungslos und entsetzt uns. Jeden Tag aufs Neue berühren uns die furchtbaren Bilder aus der Ukraine und die Besorgnis über die fortgesetzte, menschenverachtende russische Offensive, die unschuldige Männer, Frauen und Kinder in den Tod reißt.
Laut UNO sind bereits über eine Million Menschen aus der Ukraine geflohen. Es wird mit vielen Tausend mehr gerechnet. Vor allem Frauen und Kinder sowie Menschen über 60 Jahren suchen momentan in der Europäischen Union Zuflucht. Die EU-Kommission hatte auf Bitten der EU-Staaten vorgeschlagen, für den schnellen und unbürokratischen Schutz der Kriegsflüchtlinge erstmals eine Richtlinie, die in Folge der Balkankriege in den 1990er Jahren geschaffen wurde, in Kraft zu setzen. Der Schutz gilt zunächst für ein Jahr, kann jedoch um insgesamt zwei weitere Jahre verlängert werden. Zugleich werden den Schutzsuchenden Mindeststandards wie der Zugang zu Sozialhilfe und eine Arbeitserlaubnis garantiert.
Europa steht jetzt auch vor einer immensen humanitären Aufgabe. Wir müssen die Kriegsflüchtlinge, die Furchtbares in ihrer Heimat erlebt haben, schnell und sicher aufnehmen. Wir als CDU/CSU-Gruppe sehen die Richtlinie zum temporären Schutz, die bereits als Antwort auf die Balkankriege erstellt wurde, als das richtige Instrument an, um schnelle und unbürokratische Hilfe in dieser absoluten Notsituation zu leisten.
Die Sicherheitssituation in Europa ist höchst fragil. Putins brutaler Krieg sowie seine wahnsinnigen Drohungen sind nicht nur ein Angriff auf die Ukraine, sondern stellen auch eine Attacke auf alles dar, wofür Europa steht: Freiheit, Demokratie und Menschenrechte. Umso wichtiger ist es, dass Europa mit einer Stimme spricht und der Ukraine solidarisch zur Seite steht. Die Sanktionspakete gegen Russland und Belarus, welche die EU überraschend schnell und mit großer Einigkeit auf den Weg gebracht hat, sind das richtige Signal.
Ausländische Einflussnahme und Desinformation
Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine tobt auch der Informationskrieg. Russland setzt dabei erneut gezielt auf Desinformation und Propaganda, um den brutalen Krieg gegenüber den eigenen Bürgern zu rechtfertigen. Gleichzeitig soll das Verbreiten von Falschinformationen Ängste schüren und die Gegner destabilisieren. Vor allem soziale Medien spielen hierbei eine besonders kritische Rolle. Solange die großen Plattformen der Sozialen Medien Desinformation nicht wirklich beschränken können oder wollen, bleiben sie eine Verteilmaschine nicht nur für ausländische Propaganda. Wir brauchen eindeutige Transparenzstandards dafür, wie Desinformation erkannt und wann sie gelöscht werden muss. Und auch für das letzte Mittel der Löschung eines Kontos muss es klare Regeln geben.
Es ist nicht immer leicht, Nachrichten von Desinformation zu unterscheiden. Wir brauchen deshalb mehr Medienbildung von den Schulen bis zur Erwachsenenbildung. Nur wer solide Kenntnisse über den News-Dschungel im Netz hat, kann sich online mit einem kritischen Blick sicher bewegen. Das dürfen wir nicht unterschätzen.
Finanzierungsströme für politische Parteien oder politische Werbung in sozialen Medien bilden ein weiteres Problem. Bisher gibt es einen Flickenteppich an nationalen Regelungen. Das macht es für Akteure von außen leicht, radikale Parteien in der EU zu finanzieren. Wir brauchen ein EU-einheitliches Regelwerk, damit wir unser Modell des demokratischen Rechtsstaats bewahren können.
Während eines Zeitraums von fast zwei Jahren hat der Sonderausschuss die Aussagen von mehr als 100 Experten gehört, deren Beiträge die Grundlage für den Bericht bildeten. Die CDU/CSU-Gruppe fordert die Europäische Kommission auf, eine wirksame Strategie vorzulegen, um hybriden Bedrohungen im Zusammenhang mit ausländischen Eingriffen zu begegnen und zu verhindern, dass kritische Infrastrukturen in die Hände von Drittländern gelangen.
Goldene Visa und goldene Pässe
Nicht erst der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zeigt, wie problematisch sogenannte goldene Visa und Pässe für die EU sind. Über die genaue Anzahl von reichen Russen, die durch solche u.a. von den EU-Staaten Malta und Zypern verkauften Visa oder Pässe in den Besitz eines EU-Passes gekommen sind, kann man nur mutmaßen. Sie profitieren von all den Vorteilen des Europäischen Binnenmarkts wie zum Beispiel der Niederlassungsfreiheit in der gesamten EU. Die EU-Kommission sieht Risiken insbesondere bezüglich Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Korruption. Goldene Visa und goldene Pässe ziehen zu viele zwielichtige Gestalten an und sind ein Einfallstor für die organisierte Kriminalität.
Das Europäische Parlament macht jetzt Druck. Nächste Woche verabschieden wir einen Bericht, der sich mit dem Thema auseinandersetzt und die Mitgliedstaaten und EU-Kommission zum Handeln auffordert. Die Staatsbürgerschaft eines EU-Staates darf nicht zum Verkauf stehen.
Der legislative Initiativbericht des Europäischen Parlaments, den wir als CDU/CSU unterstützen, schlägt ein Gesetzespaket zur umfangreichen Regulierung von goldenen Visa vor und fordert die EU-Kommission auf, schnell gesetzgeberisch tätig zu werden.