Bei der ersten Tagung des Europäischen Parlaments in diesem Jahr stehen vor allem der Brexit, die Kroatische Ratspräsidentschaft, die EU-Klimaschutzmaßnahmen sowie die aktuelle Krise im Nahen Osten auf unserer Agenda.
Brexit
Der Brexit soll nach den Unterhauswahlen in Großbritannien nun am 31. Januar vollzogen werden. Allerdings bleibt Großbritannien noch bis zum 31. Dezember 2020 im EU-Binnenmarkt und zahlt in die gemeinsame Kasse ein.
Für die Zeit danach müssen die Beziehungen zwischen Brüssel und London neu geregelt werden. Die Zeit drängt, denn einem Abkommen müssen neben dem britischen Unterhaus auch alle nationalen Parlamente der EU-Staaten sowie wir als Europäisches Parlament zustimmen.
Als Volksvertreter legen wir größten Wert darauf, dass auch nach dem Brexit die Rechte der Bürgerinnen und Bürger garantiert sind. Das gilt sowohl für die Rechte der EU-Bürger in Großbritannien als auch für die Rechte der britischen Staatsbürger in der EU. Für die Verhandlungen über ein Abkommen zu den künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien ist es für uns als CDU/CSU-Gruppe wichtig, dass die Personenfreizügigkeit eine Grundbedingung für den späteren britischen Zugang zum EU-Binnenmarkt darstellt.
Kroatische Ratspräsidentschaft
Am 1. Januar hat Kroatien für sechs Monate die rotierende Ratspräsidentschaft im EU-Ministerrat übernommen. Die Regierung in Zagreb hat ihre Präsidentschaft unter das Motto „Ein starkes Europa in einer sich wandelnden Welt“ gestellt. Höhepunkt ist der Westbalkan-Gipfel am 7. Mai in Zagreb. Am 1. Juli wird dann Deutschland den EU-Vorsitz für sechs Monate übernehmen.
Kroatien steht während seiner EU-Ratspräsidentschaft vor sehr großen Herausforderungen. Wichtige Themen sind der Brexit, der EU-Mehrjahreshaushalt 2021-2027 und eine mögliche Erweiterung der EU. Dabei hat das kleine und neueste EU-Mitglied eine große Chance, mit diplomatischem Geschick für einen Interessenausgleich zu sorgen.
EU-Klimaschutzmaßnahmen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im Dezember ihren so genannten „Green Deal“, einen Fahrplan mit Maßnahmen für ein klimaneutrales Europa bis 2050 vorgestellt. Darin wird aufgezeigt, welche Investitionen erforderlich und welche Finanzinstrumente verfügbar sind. Der „Green Deal“ erstreckt sich dabei auf alle Wirtschaftszweige. Als Europäisches Parlament wollen wir nun eine fraktionsübergreifenden Entschließung hierzu auf den Weg bringen.
Als CDU/CSU-Gruppe sind wir der Auffassung, dass Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit zwei Seiten derselben Medaille sind. Wenn wir die richtigen Entscheidungen treffen, kann der „Green Deal“ der neue Wachstumsmotor für die EU werden. Wir müssen aus unserer Sicht auf marktbasierte Instrumente sowie Anreize setzen, und nicht auf Verbote. In diesem Rahmen ist z.B. die Ausweitung des Emissionshandelssystems ein richtiger und wichtiger Schritt.
Den Umbau bekommen wir nur zusammen mit der Industrie und nicht gegen sie hin. Unsere EU-Klimapolitik wird dann ein Erfolg, wenn wir mit Augenmaß herangehen und es ohne Wohlstandsverluste schaffen. Dann werden auch andere Wirtschaftsregionen in der Welt unserem Beispiel folgen. Unabhängig davon sollten wir als Europäer bei allen Klimamaßnahmen auf globale Partnerschaften drängen.
Krise im Nahen Osten
Wir werden nach der Tötung des iranischen Armee-Generals Soleimani und der daraus resultierenden Angriffe sowie Unruhen im Iran über die geopolitisch heikle Lage mit dem neuen EU-Außenbeauftragten Josep Borrell debattieren.
Die Bemühungen der Europäer konzentrieren sich derzeit darauf, das Atom-Abkommen trotz gegenteiliger Absichtserklärungen aus Teheran doch noch zu erhalten. Das vor fünf Jahren geschlossene Abkommen ist die einzige Vereinbarung in der Region, an der Europa wesentlich beteiligt war. Sowohl die USA als auch der Iran haben offenbar erkannt, dass eine weitere Eskalation allen schadet. In dieser Situation kommt der EU eine besondere Rolle und Chance zu. Sie ist mit beiden Seiten im Gespräch.